6.10.05

Seichter Schein.

Achtung, der Bademeister informiert:
Extrem flaches Gewässer, bitte nicht nicht nach Gründen suchen !!


aus dem Spiegel #40-2005:

"[...] Das ZDF startet am 6. Oktober die „Bianca“-Nachfolgerin „Julia – Wege zum Glück“ und will Anfang nächsten Jahres mit „Tessa – Leben für die Liebe“ noch nachlegen. Struves ARD ersucht es seit Anfang dieser Woche mit „Sturm der Liebe“ und ab November obendrein mit „Sophie – Braut wider Willen“, einem ins 19.Jahrhundert versetzten 30-Teiler, sehr blond besetzt mit dem Seifenopern Ikönchen Yvonne Catterfeld. Bis nächstes Jahr ist also mit mehr als einem halben Dutzend LisaTessaJulia-wider-Willen-verliebt-ins-Glück-Stürmen zu rechnen. Ist der Titel „Uschi – Leben wider Willen“ schon geschützt? Man muss das jedenfalls mal gesehen haben, um es nicht zu glauben. Laura aus „Sturm der Liebe“ zum Beispiel ist eine zartverbitterte Konditorin, die in Halle eher kleine Brötchen backte. Eigentlich wollte sie Lars heiraten, den sie aber kurz vor der Hochzeit mit Birgit erwischte, so dass Laura enttäuscht nach München flieht. Das verspricht Großstadt, Zukunft – und vor allem schönere Kulissen. In Oberbayern plätschern prompt die Brünnlein und säfteln die Weiden, bis Laura in jedem Sinne des Wortes einem unbekannten Beau in die Hände fällt. Es folgt ein Nachmittag mit noch mehr Reh- bis Kuhaugenblicken, herzenden Spielen mit Salatköpfen auf dem Gemüsemarkt und einem finalen Kuss samt Versprechen, sich am nächsten Morgen wiederzutreffen. Der junge Herr erscheint natürlich nicht. Laura fährt darob zerknirscht zu ihrer Freundin Tanja, die Putze im Nobelhotel „Fürstenhof“ ist, wo Laura dann ihrem Traummann erneut begegnet: Er ist Erbe des Etablissements sowie hin- und hergerissen, weil einer anderen versprochen, was zu Verwicklungen für mindestens 100 Folgen genügen dürfte. Dazwischen fallen Sätze wie: „Ich habe das Gefühl, dass wir uns schon ewig kennen.“ Oder: „Wenn du etwas nur stark genug willst, dann geschieht es auch.“ Komischerweise geht die ARD-Schmusenummer danach trotzdem weiter. Die ZDF-Julias und ARD-Lauras sind absolut humor- und realitätsfreie Courths-Mahler-Zone. Die schier unerträgliche Seichtigkeit des Scheins ist die logische Konsequenz aus Karl Moik (im Ersten) und Pilcher-Verfilmungen (im Zweiten). Sie vermittelt ein Weltbild, das Frauen entweder als intrigante Schlampen oder verschreckte, aber patente Vorstadt-Küken präsentiert – in einer Welt, wo Gut und Böse, Oben und Unten noch klar getrennt sind. Und am Ende wird geheiratet. Immer. [...] "
[(c) Spiegel 2005]