26.7.05

Effizienter Ideologiepragmatiker.




Aus dem SZ-magazin, #23 2005

JÜRGEN TRITTIN, Bundesumweltminister

Es gibt Dinge, die möchte man nie erleben. Mit Helmut Kohl in einer Zwei-Mann-Sauna sitzen, an Bärbel Höhns Bett gefesselt werden oder mit Jürgen Trittin zwei Wochen segeln gehen. Trittin ist im zwischenmenschlichen Verhalten eine Mischung aus Rudolf Scharping, Otto Schily und Dschingis Khan. Wenn man Leute anruft und mit ihnen über den Menschen Trittin sprechen möchte, dann sagen sie, sie könnten wohl über Trittin etwas sagen, nichts aber über den Menschen Trittin. Joschka Fischer sagt über Trittin nur: »Ach, der Jürgen.« Fest steht, dass Trittin fast zwei Meter groß ist, Kommunist war und lange einen Schnurrbart getragen hat. Beim politischen Gegner ist Trittin ungefähr so beliebt wie Guido Westerwelle bei den Grünen. Die meisten Grünen halten Trittin für einen politischen Gegner. Früher sind die Grünen in drei Flügel zerfallen: die Realos, die Fundis und Jürgen Trittin. Heute sind es immer noch drei Flügel: die Realos, Christian Ströbele und Jürgen Trittin. Unter unvoreingenommenen Analytikern, die es in Berlin nicht gibt, gilt Trittin als effizienter Ideologiepragmatiker. Das bedeutet, dass er immer das tut, was ihm am meisten nützt. Viele Grüne träumen von einer Zukunft ohne Trittin, so wie sie von einer Zukunft ohne Atomkraftwerke träumen. Allerdings haben Trittin und ein Atommeiler gemeinsam, dass sie nur ganz langsam rückbaubar sind.

[Autor: Kurt Kister, sz-magazin]